Doktor-Eisenbarth- und Stadtmuseum

Oberviechtach

Landkreis keine leichte Geburt

Zeitungsbericht in "Der neue Tag", 3. Mai 2019, Seite 31

Erinnerungen von Altlandrat Hans Schuierer – Zeitgeschichte in der Marktmühle

Oberviechtach. (bgl) Auf eine Zeitreise in die Anfangstage des früheren „Problemlandkreises“ Schwandorf nahm Hans Schuierer seine Zuhörer mit. Im Kulturzentrum in der Marktmühle spielt auch die Auseinandersetzung um die WAA eine Rolle. Kein Platz blieb frei, als Museumsleiter Wilfried Neuber den Altlandrat des Landkreises Schwandorf willkommen hieß. Er blendete auf die Gebietsreform im Jahr 1972 und die damit verbunden Umstrukturierungen zurück. „Es ist relativ gut gegangen“, so Neubers Feststellung in derRückschau. Das sei auch das Verdienst eines Landrats wie Hans Schuierer gewesen, der von 1972 bis ’96 amtierte, dabei umsichtig gehandelt und somit das Vertrauen der Bürger gewonnen habe. Im Anschluss erzählte der mittlerweile 88-jährige Altlandrat aus seinen Erinnerungen an die Entstehungszeit des Großlandkreises Schwandorf. Verschiedene Modelle seien damals diskutiert worden, eine Menge an „Geburtswehen“ waren zuüberstehen, bis der Zusammenschluss geschafft war. Allerdings war die neue Verwaltungseinheit in ganz Bayern als „Problemlandkreis“ bekannt. Hans Schuierer berichtete von zahlreichen Betriebsschließungen,die eine hohe Zahl von Arbeitslosen nach sich zogen. „Aber es wurde trotzdem viel geleistet und wirschafften es auch, dass wir in denJahren 1974/75 das neue Landratsamt beziehen konnten.“ Nach dem Einzug ging es an Zusammenführungen wie beispielsweise bei Feuerwehren, Sportvereinen, Hilfs- und Rettungsdiensten – und auch bei den Musikkapellen. Durch die Fortschritte auf letzterem Sektor erwarb sich der Kreis Schwandorf den Ruf des „musikalischsten Landkreises in der Bundesrepublik“. Die Schwierigkeit, für die RegionBetriebe zu gewinnen, bestand weiterhin. Einen Durchbruch in dieser Hinsicht bildete die Ansiedlung der Elektronikfirma Conrad. Als „eines meiner schwersten Probleme“ bezeichnete Hans Schuierer den Krankenhaus-Neubau in Oberviechtach.Erste Gerüchte, dass der Landkreis Standort für eine „Atomfabrik“ werden sollte, seien um 1979 aufgekommen. Diese wurden schnell konkreter, eine Wiederaufbereitungsanlage für Atommüll sollte im Raum Wackersdorf gebaut werden. Zunächst sei er von dieser Aussicht auf eine Ansiedlung mit Blick auf die zu erwartenden Arbeitsplätze durchaus angetan gewesen. Doch er wurde stutzig als er hörte, dass eine solche„WAA“ viel gefährlicher wäre als ein Reaktor, und dass mit dem Bau die Gefahr einer massiven Abwanderung aus der Region einhergehen werde. Der Widerstand aus der Bevölkerung und auch das Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 brachten das Projekt schließlich zu Fall.Hans Schuierer beantwortete noch mehrere Fragen aus dem Publikum, und zum Schluss gab es stehende Ovationen der Vortragsteilnehmer für den Altlandrat.